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Die
Kirche von Reipisch
Die
Dorfkirche in Reipisch wurde bereits im 14. Jahrhundert in
einfachster gotischer Bauweise errichtet. Damals hatte es noch einen
eigenen Pfarrer. 1558 wurden als Folge der Reformation die Pfarreien
von Blösien und Reipisch zusammengelegt, Reipisch wird nun
Filialkirche von Blösien, jedenfalls nachdem es kurze Zeit Filial
von Frankleben war.
Die
Schweden verbrannten in der Reipischer Kirche im Dreißigjährigen
Krieg alle Türen und Bänke und zerstörten den Altar. Kaum hatten
die Schweden das Geiseltal geräumt, da rückten schon wieder
kaiserliche und sächsische Truppen ein, die es fast noch schlimmer
trieben. So sollen den Bewohnern kein Stück Vieh, kein Körnchen
Getreide und keine Speise geblieben sein, sondern nur die
schlechtesten Lumpen am Leibe. Weil es an Saatgetreide und Spannvieh
mangelte, konnte kein Feld mehr bestellt werden. Dazu kam eine
Seuche nach der anderen, die unheimliche Opfer forderten. Im Sommer
fielen dann ganze Heere von Raupen über die Felder her. So schrieb
der Waisenhausinspektor König in seiner Chronik, dass die Raupen
Gesichter hatten, die denen der Schweden ähnelten, und dass die
Raupen sich schrecklich vermehrten. In kurzer Zeit fraßen sie alles
Laub von den Bäumen. So verließen nun viele ihre Heimat und
suchten anderswo in ruhigeren Gegenden ihr Auskommen.
Wahrscheinlich
wurde die Kirche wegen Straßenbaumaßnahmen abgetragen und an der
heutigen Stelle 1701 wieder aufgebaut. Dabei nutzte man hier wohl
ältere Grundmauern. Doch schon in den Jahren 1771 bis 1778 musste
die Kirche wieder repariert und umgebaut werden. Der
zwischenzeitlich verfallene Turm wird 1854 an der Ostseite der
Kirche neu aufgebaut, aber man geht davon aus dass auch dieser einen
Vorgängerbau hatte. Weitere Umbauten und Reparaturen erfuhr die
Kirche 1701, 1776 und 1878.
Die
Kanzel, die Taufe sowie die Inneneinrichtung, bestehend aus der
Orgel und zwei Emporen, stammen vom Ende des 18. Jahrhunderts. Über
dem barocken Altar, der wie die Kanzel ebenfalls einfach gestaltet
ist, ist ein silbernes Kruzifix angebracht. Hinter dem Altar
befindet sich eine kleine gotische Sakramentnische, die als kleiner
Gottesraum genutzt wird. Das Kirchenschiff besitzt zwei Emporen, das
Gestühl ist hell gehalten. Das Saalinnere wird mit einen hölzernen
Tonnengewölbe über einem schmalen Gesims vom Dachraum abgeschirmt.
In früherer Zeit hatte in der Kirche jede Familie ihren eigenen
Platz. Im 2. Weltkrieg ist eine Glocke des Geläutes eingeschmolzen
und zu Munition verarbeitet worden. Dank einer Spende von Frau
Ottilie Germer und ihrem Cousin, Herrn Reinhold Walther, hat die
Kirche seit Anfang der 1960er Jahre wieder eine 2. Glocke.
Mit
Einsetzen der Industrialisierung wurden die Kirchenmitglieder immer
weniger, ab den 1970er Jahren gab es dann auch keinen Gottesdienst
mehr in der Kirche. Die Kirche wurde geschlossen und ging den Weg
all der Dinge, die nicht genutzt werden. Seit Beginn der 1980er
Jahre nagte der Zahn der Zeit unaufhaltsam an Dach und Gemäuer. Die
Tragfähigkeit des Dachstuhles war mittlerweile sehr stark
beeinträchtigt und es waren starke Verformungen am Außenmauerwerk
aufgetreten. Auf Grund dieser Beschädigungen und der permanenten
Geldknappheit hat man im Jahre 2000 in Erwägung gezogen, die
Inneneinrichtung einschließlich Orgel und Gestühl zu entfernen und
das Dach einschließlich Dachstuhl abzubrechen. Aber im Jahre 2001
erfolgte die lange ersehnte Notsicherung.
Quelle: Die Geiseltalchroniken,
Steffan Bruns, Berlin 2016
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