Hohes Mittelalter

In der sächsisch-ottonischen Zeit rückte der Hosgau erst richtig in das politische Rampenlicht. Mit Heinrich I., der 919 deutscher König wird, begann die ostfränkische Geschichte als deutsche Geschichte und Merseburg wurde eine der wichtigsten Pfalzen. Um die Pfalz herum entwickelten sich mehrere salische Krongüter wie Burgscheidungen, Balgstädt, Schafstädt, Lauchstädt oder Kötzsch, um nur einige wenige zu nennen. Abgesehen von einer kurzen Unterbrechung war Merseburg ab 968 der Sitz eines Bistums, weshalb es einen entsprechend eindrucksvollen Dom erhielt. Für die Staufer war die Gegend weniger wichtig, denn einerseits gehörte sie zum welfischen Gebiet, andererseits konzentrierten sich die Staufer auf das ostelbische Osterland. Daher hatten die Staufer an Saale und Unstrut nur ein paar unbedeutende Dienstmannenburgen.

Die meisten Dörfer zeigen sich heute in einer Form, die man als 'unregelmäßige Gruppensiedlungen', genauer als 'Weiler- oder Haufendörfer' bezeichnet. Solche Dörfer trifft man im gesamten Gebiet an, welches um das Jahr 800 deutsch besiedelt war. Zutreffender wäre für einige dieser Dörfer die Bezeichnung 'Mehrangerdorf', da die Dörfer aus einem Netz paralleler und querender schmaler Straßen bestehen, die sich an mehreren Stellen zu kleineren Angern verbreitern. Man könnte sie als Zwischenform ansehen zu den germanischen Altsiedelformen im Westen und denen der neuen deutschen Kolonisation östlich Saale und Elbe. Andere Dörfer sind eindeutige sogenannte 'Einstraßendörfer', also faktisch ein Dorf, durch das sich eine Straße zieht, seitliche Straßen oder besser Gassen entstanden erst später. Auch typische Rundlinge, zumeist slawischer Herkunft, finden sich unter den hiesigen Dörfern. Um die frühmittelalterlichen Wehr- und Dienstmannenburgen entstandene Dörfer zeigen sich oft als eindeutige Haufendörfer. Hingegen manch einstiges Rittergut als Weiler.

Der reiche Hosgau - eine Gefildelandschaft mit ertragreichen Äckern sowie dem Salz von Halle - war eine gute Basis für die Missions-, Raub-, und Strafzüge ins östliche Wendenland sowie für die Eingliederung des 'Osterlandes' gewesen. Aber die wichtigen Straßen führten am Geiseltal vorbei, was wohl ein Grund dafür war, dass in späterer Zeit die Landschaft nur noch wenige Änderungen erfuhr und so blieb es bis in das 19.Jh. Lediglich die Straßen aus der Mark Meißen über Merseburg, Leiha oder Mücheln nach Freyburg - Sömmerda - Kassel - Amsterdam bzw. von Halle über Holleben - Lauchstädt - Klobikau - Mücheln nach Freyburg bzw. Scheidungen und Kassel oder Frankfurt am Main führten durch das Gebiet zwischen Saale und Unstrut. Sie wurden noch am Anfang des 19. Jh. als Poststraßen genutzt.

Sehr alt dagegen sind die lokalen Wege zwischen Merseburg und Scheidungen oder Vitzenburg über Frankleben und Mücheln - eben der alte Frankenweg, die Geiseltalstraße, die bis heute besteht, aber weiter südlich als ehedem. Während der sächsisch-ottonischen Zeit entwickelte sich das 'Heilige Römische Reich' (später mit dem Zusatz 'deutscher Nation') und es kam zur Befriedung der Grenzmarken an der Saale durch die Abwehr der Ungarneinfälle bis 933 und eine gewaltsame Befriedung des Osterlandes. In der Folge kam es zu mehr Rechtssicherheit und es entwickelte sich eine Landwirtschaft, die deutlich über die Eigenversorgung erwirtschaftete. Die Bevölkerung wuchs sehr stark und das städtische Leben begann sich zu entfalten. Merseburg galt in dieser Zeit als einer der leistungsfähigsten Pfalzen des gesamten Reiches. Es blieb nicht nur Königspfalz, sondern zu ihrem Fuße breitete sich eine aufblühende Kaufmanns- und Handwerkerstadt aus.

Merseburg entwickelte sich schnell und andauernd bis zum 14. Jahrhundert zu einem Mittelpunkt im Reiche, fast kann man schon von einer Hauptstadt reden. Reichstage fanden in Merseburg statt, unter den Großen des Reiches huldigten in ottonischer Zeit auch die Könige von Ungarn, Polen, Böhmen, Frankreich etc. dem Kaiser. Es gab Empfänge und Feiern des Königs bzw. des Kaisers, der Erzbischof empfing hier andere Würdenträger zu Verhandlungen. Alle diese hohen politischen und kirchlichen Handlungen und Hofhaltungen waren auch mit einer großen Zahl von Gästen und Angestellten, die in Merseburg wohnten, verbunden. Sie mussten versorgt werden, was einen Bedarfsdruck auf die Dörfer der Umgebung ausgelöst haben muss. Der Landesausbau bestand vor allem in einer Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und besonders im Ackerbau, die Feldgraswirtschaft wich immer mehr dem Dauerfeldbau, der Getreidewirtschaft. Die hohe Siedlungsdichte, eine Siedlung auf 2 qkm, erklärt sich so zuerst aus dem politischen Streben der Franken, mittels Aufsiedlung durch eine zuverlässige Bevölkerung die östlichen Marken zu sichern. Die Wahl Merseburgs zur Pfalz und dann zum Bischofssitz in diesem besonders gut erschlossenen und besiedelten Gebiet war daher nur folgerichtige Konsequenz.

Der Zwang zur Reihung der Siedlung an den wenigen Wasserläufen, die die Hochebene durchschneiden, geht darauf zurück, dass nur hier auch eine gute und bequeme Wasserversorgung gewährleistet werden konnte, waren doch z.B. die Geiselquellen die wasserreichsten im Mitteldeutschen Trockengebiet. Ähnliches lässt sich auch für die Täler von Saale und Unstrut sagen, in denen es ebenfalls früh hohe Siedlungsdichten gab. Es hatte sich so um Merseburg ein Verdichtungsraum, eine Art frühmittelalterliche Agglomeration, herausgebildet.

Mit den Franken kam die christliche Missionierung und in der Folge die Kirchen in die Landschaft. Anfangs noch einfach und oft auch nur aus Holz werden sie bald komplexer und massiver. Die Kirchen prägen meist seit dem hohen Mittelalter, nur im Detail verändert, die Silhouette der Dörfer und haben ihre oftmals wehrhafte Dominanz bis heute kaum eingebüßt. Neben Merseburg hatten wohl Frankleben und Atzendorf die ersten Kirchen oder Kapellen, da ihre Patrozinien, die Heiligen Martin und Dionysus, bereits von den Franken nach Mitteldeutschland gebracht worden waren. Vom massigen, in romanischem Stil erbauten Turm St. Micheln zeigt sich ein ungestörter Blick über’s Geiseltal. Schaut man über das offene Land nach Nordosten in Richtung Merseburg und Halle, dann kann man Otto von Bambergs (1021) gute Wahl des Lagerplatzes für die Pommernmission des Querfurter Hofes, der in Bambergs Besitz war, oberhalb der Geiselquelle verstehen. Die meisten Kirchen wurden im Dreißigjährigen Krieg beschädigt und einige auch zerstört. Beim Wiederaufbau erhielten sie barocke Züge aus der Zeit ihrer Erneuerung, sie behielten aber dennoch ihren romanischen bzw. frühgotischen Charakter.