Die Vorzeit

Der Kontinent Europa besteht aus mehreren sich schon vor Dutzenden und Hunderten von Jahrmillionen vereinigten Kontinentalschollen unterschiedlichsten Alters. Der Norden, also Skandinavien und Nordrussland wird von der Fennoskandischen Platte beherrscht, einer der ältesten Platten der Erde. Im mittleren Bereich, von Frankreich über Deutschland hin zur Ukraine befindet sich eine deutlich jüngere Platte. Diese entstand aus verschiedenen Bruchstücken unterschiedlichsten Alters, zum Teil möglicherweise Resten eines uralten, längst durch Plattentektonik und Erosion aufgeriebenen Kontinentes. Schon vor einer halben Milliarde Jahre gab es im Bereich der deutschen Mittelgebirge eine Landmasse, welche sich immer weiter ausdehnte. Offensichtlich stand diese unter dem seitlichen Druck weiterer, größerer Kontinentalplatten. Im Oberkarbon, einer Zeit in der sich die ersten größeren Landtiere entwickelten, kam es im heutigen Mitteleuropa zur sogenannten varizkischen Gebirgsbildung. In dieser Zeit bildeten sich im nördlichen Vorland dieses Gebirges Tiefländer, einige waren sumpfig, andere waren flache Meeresbecken. In ersteren entstanden die europäischen Kohleflöze, erst die der Steinkohle, über einhundert Millionen Jahre später auch die der Braunkohle. In den flachen Meeresbecken entstanden die Kali- und Salzlagerstätten die sich nördlich von diesen befinden. Auch die Öl- und Gaslagerstätten von England bis Galizien entstanden in dieser Zeit. In einigen Gebieten sind diese Schichten sogar gegenseitig überlagert.

Das Varizkische Gebirge muss zu dieser Zeit ein Hochgebirge gewesen sein, höher als die heutigen Alpen, wohl noch höher als Kaukasus oder auch Himalaja. In Mitteldeutschland soll es damals Neun- oder gar Zehntausender gegeben haben, aber nach nur wenigen Dutzend Millionen Jahren war ein Großteil der Berge von der Erosion abgetragen. Nur einige wenige besonders harte Stümpfe blieben erhalten, der Harz ist zum Teil ein Rest dieses Gebirges. In den Folgeepochen war der mitteldeutsche Raum mal Schelfmeer, mal Insellandschaft. Es muss hier damals ausgesehen haben wie bei Neukaledonien im Pazifik, wobei der thüringische Süden wohl eher trocken war, die Elbgegend und das Frankenland eher Meer. Erst durch den Druck, den die italienische Klein- und die afrikanische Großplatte gegen Europa ausübten, in welcher auch die Alpen entstanden, hoben sich auch wieder die Mittelgebirge und auch das vorliegende Flachland an. Zeitweise fiel die ganze Nordsee trocken.

Vor etwa 30 Millionen Jahren hatte sich Südamerika und Australien so weit von Antarktika getrennt, dass es zur Zirkumpolarstömung kam, welche zu einer weltweiten Klimaabkühlung führt. Die Vereinigung Nord- und Südamerikas vor etwa 5 Millionen Jahren zog eine weitere Klimaabkühlung nach sich. Es wurde so kalt, dass sporadische Schwankungen der Sonnenaktivitäten zu den Eiszeiten führten. In den frühesten Eiszeiten überströmten die Gletscher ganz Mitteldeutschland und formten die Landschaft, insbesondere die Hochebenen zwischen Elbe und Mittelgebirgen. Spätere Eiszeiten reichten nur noch bis in die deutsche Tiefebene, es kam aber wohl zu lokalen Vergletscherungen auch im Mittelgebirgsland wie am Harz. Auch die Täler von Saale und Unstrut entstanden wohl großteils in dieser Zeit.