Zusatzseiten zum OFB-Projekt Neumark



Neumark lag im mittleren Teil des Geiseltales, nordwestlich des heutigen Braunsbedras. Früher lag es einmal nördlich der Geisel. Infolge des Braunkohlenabbaus wurde es Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts überbaggert.


Ortsgeschichte

Neumark gilt als das jüngste Dorf im Geiseltal, es wird erst im 13. Jahrhundert, angeblich als 'Novum Forum' genannt, also 'Neuer Markt'. Das Problem ist dabei aber, das Neumark niemals Marktflecken war und hier wohl eine Verwechslung mit dem Neuen Markt in Merseburg vorliegt. Auch die Anlage der Straßen und Höfe ist eine fürs Hochmittelalter typische.

m 1263 erlangte das Stift Merseburg hier die Gerichtsbarkeit, der Ort hatte wohl sogleich eine Kirche. Das Pfarrdorf Neumark gehört 1320 zu den Orten, deren Zehnt zum bannus domini propositi Merseburgiensis fällt.

Man darf zu Bedenken geben, dass angesichts der Grenzsituation Neumarks, welches zu Querfurt gehört zu Merseburg und Weißenfels, der Name eher für 'Neue Mark', in dem Sinne von 'Neue Grenze' stehen könnte, denn das germanische Wort 'Mark' steht für Wald und Grenze. So gab es wohl schon zur Gründung von Neumark eine Flur namens 'Alte Mark', welche dann dem neu gegründeten Dorf zugeschlagen wurde. Neumark kann dann in Kontext mit der Gründung Naundorfs gebracht werden, welche aus dem selben Grunde und zur selben Zeit, nur auf Merseburger Gebiet stattfand. Das würde die Benennung auch auf andere Weise erklären, denn 'Naundorf' war für dieses Dorf nun nicht mehr sinnvoll.

Um 1630 ist Hans Georg von Kötzschen kurfürstlicher Leutnant in Neumark, auch andere Mitglieder dieser Adelsfamilie werden vor Ort öfter genannt.

In einem Handelsbuche des Amtes Freiburg aus dem 16. Jahrhundert wird über die Beilegung schon lange währender Streitigkeiten, über die Säuberung und Abführung der Geisel zwischen der Gemeinde Neumark und den Mühlen zu Brückendorf (Brückenmüller), Benndorf, Kötzschen, Geiselröhlitz sowie den Gemeinden Zützschdorf und Wernsdorf berichtet.

Im Jahre 1404 verfügen die Landesherren ihren Amtsleuten u.a. in Wernsdorf und Neumark, dass diese zukünftig nicht mehr den Nachlass der Geistlichen einziehen sollten, wohin gegen „die guten pfaffen versprechen, zweimal jährlich zusammen zu kommen", um die Vigilien zu halten.

Der Pfarrer zu Neumark, Bartholomäus Neander, berichtet, wie der Schulze seines Orts, Thomas Hun, sein Schulzenamt bei dem Einfalle der Schweden 1637 missbraucht habe. Er habe sich zu ihnen in die Pfarre 'eingelegt und den Pfarrer ruinieren helfen', dann habe er verraten, wo sich die Einwohner versteckt gehalten haben, und geholfen sie zu holen, um des Pfarrers Getreide zu dreschen. Die Soldaten selbst waren so 'nett', zu befehlen, dem armen Pfarrer doch wenigstens etwas Saatgut zu lassen. Natürlich strafte Gott den Schulzen bald darauf, traf ihn mit der 'Hauptkrankheit … und endlich in furia' gestorben. Als dann neuerlich Soldaten einfielen, verkleidete sich der Pfarrer als Gespenst und verschreckte die einquartierten Soldaten so, dass sie flüchtend die Pfarre verließen. Als er 1642 nach Merseburg flüchten musste, wurde er von den Schweden getötet.

Im 17. Jahrhundert wütete in Neumark gleich fünfmal die Pest. Die schlimmste davon war wohl vom Oktober 1639 bis Mai 1640, von ehemals 163 Einwohner blieben nur noch 9, fast das ganze Dorf war ausgestorben.

Nicht viel besser sah es auch im Siebenjährigen Krieg aus, jedenfalls gibt es Beschwerden, dass die katholischen Soldaten in den Kirchen gotteslästerliche Lieder sangen und die Altäre besudelten. Ähnlichen Spaß hatten wohl auch die Soldaten im Siebenjährigen Krieg, sie rauben das ganze Dorf aus, aber besonders haben sie es auf den lutherischen Pfarrer abgesehen – denn die Soldaten sind Katholiken.

Der Neumärker Gastwirt hält 1848 zu den Revolutionären und muss vor einer Verhaftung fliehen. In Neumark und Bedra wird eine anti-revolutionäre Bürgerwehr unter der Leitung der Gutsherren Etzdorf und Helldorff gebildet, es kommt aber zu keinen nennenswerten Auseinandersetzungen.

Neumark hatte auch eine alte Schule, 1905 muss diese zusammen mit der Küsterei abgebrochen werden um Platz für einen größeren Neubau zu schaffen, schon 1906 fand die Einweihung statt.

Durch die Nähe zu den Lützkendorfer Mineralölwerken wurde im 2.Weltkrieg auch Neumark bombardiert. Besonders fürchterlich war es am 28. Mai 1944. In wenigen Stunden wurden bei drei Feind-Anflügen fast 200 Bomben auf Neumärker Territorium abgeworfen. Spreng-, Splitter- und Brandbomben richteten schweren Schaden an, viele Häuser, besonders auch die ohnehin desolaten Mietskasernen, wurden beschädigt oder zerstört. Mancher Blindgänger solcher Angriffe hält die Erinnerung bis in die heutige Zeit wach. In den letzten Jahren wurden wiederholt Blindgänger rund um den heutigen Braunsbedraer Ortsteil Neumark gefunden und mussten aufwendig entschärft werden.

1819 zählt Neumark 108 Einwohner in 29 Häusern, 1837 140 Einwohner, 1911 sind es schon 711 Einwohner. 1886 bekam Neumark einen eigenen Bahnhof an der Bahn Merseburg-Mücheln. Von 1963 bis 1966 wurde der größte Teil Neumarks geräumt und überbaggert. Die Siedlung Neumark, eine zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete Bergarbeitersiedlung, wurde 1962 Braunsbedra zugeordnet.

Am östlichen Straßenrand der 'Geiselröhlitzer Hohle', eines nach Reinsdorf führenden Weges, lag einst ein langgestreckter Hügel. Er war 20 m lang, 5 m breit und 2m hoch. Offiziell sind Funde aus ihm nicht bekannt, aber inoffiziell heißt es, dass ein Neumärker hier einst neolithische Fundstücke barg.

 

Quelle: Die Geiseltalchroniken, Steffan Bruns, Berlin 2016

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